Medienbildungsforschung

Vergangene Woche bin ich einer Einladung des Seminars für Allgemeine Rhetorik an die Universität Tübingen gefolgt, um im Forschungskolloquium des Instituts einen Vortrag zu halten. Thema war „Rhetorik und Medienbildungsforschung“. Im Ankündigungs-Plakat habe ich diesen Titel etwas selbstironisch anhand eines Schnappschusses aus den 50er Jahren illustriert, der einen der damaligen „Newsrooms“ zeigt. Das Foto hatte mich an den Blick von der „Dozentenseite“ in die Vorlesungs- oder Seminarraumreihen erinnert: dort zeichnet ja häufig ein ganz ähnliches Bild ab… okay: Die Endgeräte sind heute digital statt analog, in der Regel auch etwas kleiner — und die abgebildeten Personen sind wohl besser gekleidet. Aber von der Idee her ein ganz ähnliches Setting und ein typischer Anlass sowohl für eine didaktische Intervention als auch für den „rhetorischen Fall“.

Medienbildungsforschung
Rhetorik und Medienbildungsforschung

Mit dem Beitrag habe ich die Schnittmenge zwischen Rhetorik und Medienbildungsforschung als wissenschaftliche Disziplinen in den Blick genommen — und zwar im Hinblick auf drei Ebenen:

  1. Wissenschaftstheoretische Grundlagen dieser Disziplinen
  2. Methodologische Heuristiken
  3. Methodische Ansätze zur konkreten Problembearbeitung (anhand eines Fallbeispiels)

Zunächst habe ich versucht, die beiden Disziplinen paradigmatisch voneinander abzugrenzen und an aus meiner Sicht relevante Bezugsdisziplinen rückzubinden. Aus einer „Bestandsaufnahme“ und Analyse der Medienbildung als reflektierter Praxis im Kontext Hochschule habe ich typische Rollenmodelle von Hochschullehrenden und daraus resultierende Lernformen von Studierenden in den Blick genommen. Meine Skizze der Medienbildung habe ich dabei anhand von drei didaktischen Modellen versucht, an den aktuellen Diskurs im Fach rückzubinden. Dieser Blick auf die aktuelle Situation der Medienbildung an der Hochschule sowie den Stand der theoretischen Diskussion hat mich zu der These gebracht, dass das methodologische Grundverständnis der Medienbildungsforschung sich aus der spezifischen Art ergibt, wie die Medienbildung in der Praxis Probleme wahrnimmt und bearbeitet. Anhand eines Fallbeispiels aus dem Bereich der Curriculumsentwicklung habe ich gezeigt, welche Fragen aus Sicht der Medienbildungsforschung relevant sind, mit welchen Methoden sie arbeitet und wie sie mit ihren Ergebnissen umgeht.

Im Zentrum stand die entwicklungsorientierte Bildungsforschung (Educational Design Research). Hierbei handelt es sich um einen empirischen Forschungsansatz zur systematischen Gestaltung und schrittweisen Erprobung innovativer Lösungen für konkrete didaktische Problemstellungen aus der Praxis der Hochschullehre. Anhand eines zyklisch-iterativen Wechsels von Explorations-, Konstruktions- und Reflexionsphasen werden eine immer reifer werdende Intervention und letztlich neues, generalisierbares Wissen abgeleitet.

Literatur

  • Schmohl, T. (2017). Rhetorik – Bildung – Kultur: Ein Vorschlag zur grundlagentheoretischen Verortung. In G. Weiß (Hrsg.), Kulturelle Bildung – Bildende Kultur. Schnittmengen von Bildung, Architektur und Kunst (S. 101-114). Bielefeld: Transcript-Verl.