Flipped Hochschuldidaktik

Workshops, Beratungen und Coachings zur akademischen Lehre stehen an polyzentrischen Hochschulen, deren Standorte regional weit über eine Region verteilt sind, vor besonderen Herausforderungen. An der Hochschule Ostwestfalen-Lippe liegen die aktuell vier verschiedenen Campus-Areale in Lemgo, Detmold, Höxter und Warburg teilweise über zwei Stunden Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln auseinander. Die Koordination von gemeinsamen, hochschulweiten Fortbildungen wird so rasch zum logistischen Problem — obwohl eigentlich ein starkes Interesse für derartige Formate besteht. Vor diesem Hintergrund haben wir ein hochschuldidaktisches Konzept entwickelt, das stärker als die meisten anderen Einrichtungen auf virtuelle, online-gestützte Angebote setzt. Wir sprechen dabei von „Flipped Hochschuldidaktik“, „Inverted Hochschuldidaktik“ — oder einfach „Hochschuldidaktik 4.0“.

Kieu-Anh To, Dennis Schäffer und ich haben das Konzept im Rahmen eines Posters für die dghd 2019 (Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik) in Leipzig festgehalten:

Poster: Flipped Hochschuldidaktik
Autor/innen: Kieu-Anh To, Dennis Schäffer, Tobias Schmohl

Konsequente Umstellung auf „online“

Es mag verwundern, aber tatsächlich gibt es hochschuldidaktische Angebote als Webinare aktuell noch selten. Wo sie überhaupt vorkommen, adressieren sie dann meistens auch sehr spezifische digitale Lehr-/Lernformate wie Inverted Classroom (auch Flipped Classroom), E-Kurse oder E-Klausuren. Unser Konzept stellt hingegen das hochschuldidaktische Qualifizierungsprogramm systematisch und strukturell auf ein virtuelles Rahmenkonzept um. Es setzt dabei auf eine Reihe an Maßnahmen, die Anleihen vom Blended Learning und Inverted Classroom-Modellen nehmen. Wir verfahren anhand des typischen Dreischritts:

  • (1) Online-Selbstaneignungsphase, in der ein großer Teil des Inputs (Videos oder digitale Lektüre) ausgelagert ist,
  • (2) Präsenzphase (Workshops), die kurz und kompakt gehalten wird, und
  • (3) eine individuelle Begleitung sowie Unterstützung bei der Umsetzung bestimmter Ansätze für die Lehrenden. Unser Ziel ist vorrangig, die Präsenzveranstaltung vor Ort effektiver und flexibler zu nutzen, aber auch Zeit und Aufwand der Teilnehmenden zu reduzieren. Damit wollen wir letztlich mehr Teilnehmende/Interessierte erreichen und begleiten — und mithin das Angebot langfristig und nachhaltig sichern.

Phasenmodell: Hochschuldidaktik 4.0

Wie laufen nun die einzelnen Phasen ab? Im Folgenden stelle ich das zusammen mit Anh To und Dennis Schäffer erarbeitete Konzept anhand unseres gemeinsamen Textentwurfs vor:

  1. Online-Selbstaneignungsphase: Die Lehrenden bekommen im Vorfeld eine Ankündigung über das hochschuldidaktische Angebot. Das Blended-Format beginnt anhand kleiner medial aufbereiteter Inputs (Video oder digitale Lektüre) zu einem hochschuldidaktischen Thema. Im Anschluss an die Rezeption der Medien bearbeiten sie eine Aufgabe zur Reflexion, wie dieses Format in der eigenen Lehre umgesetzt werden könnte (dieser Schritt erfolgt anhand eines teilstrukturierten Reflexionsbogens). Mindestens zwei Wochen vor Beginn der Präsenzveranstaltung wird bei den Lehrenden nochmals gefragt, wer daran teilnimmt und die Aufgaben/Bögen werden vorab gesammelt, damit die Trainerin oder der Trainer sich besser darauf vorbereiten kann. Ergänzend erfolgt dabei eine telefonische Erwartungsabfrage.
  2. Workshop/Präsenzveranstaltung: Als Voraussetzung zur Teilnahme am Workshop kann (je nach Thema) eine Aufgabe gestellt werden, die vorab über das zentrale Learning-Management-System der Hochschule eingereicht wird (ILIAS). Der Workshop dient aufgrund des gemeinsamen „Groundings“ der vorangegangenen Selbstaneignungsphase in erster Linie dem Austausch und der kritischen Reflexion. Am Ende werden gemeinsam eine oder mehrere Umsetzungen mit Online-Betreuung des Trainers geplant und konkrete Meilensteine für die Nachbereitungsphase vereinbart.
  3. Nachbereitungs-/Umsetzungsphase: Bei der Umsetzung des besprochen Plans bzw. Konzeptes können nicht nur Unterstützungen vom Trainer miteinbezogen werden, sondern auch Tandem-Coachings oder kollegiale Hospitationen durch Workshop-Teilnehmende (Peers). Am Ende sollte eine Evaluation der Umsetzung erfolgen, um das Konzept zu optimieren und/oder auf andere Fächer zu übertragen.

Weitere Schritte

Unser Poster wurde auf der dghd 2019 intensiv diskutiert und war u.a. auch auf den Social-Media-Kanälen ein Thema. Die vielen Rückmeldungen werden wir nächste Woche besprechen und in die Weiterentwicklung des Konzepts einfließen lassen. Die Resonsanz zeigt aber schon, dass mit unserem Format Transferpotenzial für andere Einrichtungen besteht, daher wollen wir auch besprechen, wie wir es zusammen mit unseren Erfahrungen im Rahmen einer gemeinsamen Publikation der Community vorstellen können.

Besonders gefreut haben wir uns über das Feedback der Kolleginnen und Kollegen aus Paderborn über Twitter:

Sobald wir das Konzept überarbeitet haben, erfolgt hier wieder ein Update mit dem neuesten Stand.